Bereits während der Schwangerschaft wurde bei einem Feten ein gigantisch großer Herztumor mittels fetalem Herzultraschall festgestellt. Familiär war eine genetische Erkrankung mit Tuberöser Sklerose bekannt und die Mutter des Kindes als Trägerin des Gendefekts diagnostiziert worden. In Zusammenarbeit mit der Abteilung für Fetomaternale Medizin und Geburtshilfe wurde die Schwangerschaft sorgfältig überwacht und die Entbindung sowie postnatale Betreuung geplant. Das Neugeborene benötigte nach der Geburt kontinuierlich Medikamente sowie die Implantation eines Stents in den Ductus arteriosus um die rechte Herzkammer, die fast vollständig von dem Tumor ausgefüllt war, zu entlasten und die Durchblutung der Lunge zu gewährleisten. Eine operative Entfernung des Tumors war wegen des hohen Risikos nicht denkbar.
Eine wissenschaftliche Studie zur Behandlung von PatientInnen mit Tuberöser Sklerose und Hirntumoren konnte erst kurz zuvor zeigen, dass das Medikament "Everolimus", welches üblicherweise im Rahmen von Transplantationen zur Beeinflussung des Immunsystems eingesetzt wird, bei den betroffenen PatientInnen eine Verkleinerung der Tumore bewirkt hatte. Aufgrund des lebensbedrohlichen Zustandes der Patientin und der weitreichenden Erfahrung am Kinderherzzentrum Wien mit Herztransplantationen entschlossen wir uns nach ausführlicher Information an die Eltern eine Everolimus-Therapie zu beginnen.
Bereits nach drei Wochen war mittels Herzultraschall eine deutliche Verkleinerung des Herztumors zu erkennen. Da gleichzeitig eine Unterdrückung des Immunsystems bestand, wurde das Kind, ähnlich wie nach einer Transplantation, durch eine Schutzmaske und Antibiotika vor Infektionen geschützt. Die Therapie wurde ohne Nebenwirkungen vertragen und das Baby konnte normal gefüttert werden, entwickelte sich wie jeder andere Säugling und konnte nach Hause entlassen werden.
Nach drei Monaten war der Herztumor nahezu völlig verschwunden. Ein Versuch, die Everolimus-Behandlung zu beenden, zeigte leider schon sehr rasch ein neuerliches Tumorwachstum, sodass die Medikation wieder begonnen werden musste. Die Patientin befindet sich seither in kontinuierlicher, kardiologischer Betreuung über die Herzambulanz des Kinderherzzentrums, Abteilung Pädiatrische Kardiologie der MedUni Wien und führt ein normales Leben. Wir gehen davon aus, dass die Therapie über einige Jahre fortgesetzt werden muss.
Fazit
Der Nachweis, dass im Rahmen der seltenen genetischen Erkrankung der Tuberösen Sklerose auch Herztumore mit Everolimus behandelt werden können, eröffnet den betroffenen PatientInnen die Chance zu überleben, insbesondere wenn eine chirurgische Entfernung der Tumore nicht möglich ist. Eine sorgfältige Überwachung und Expertise, wie diese am multidisziplinären Kinderherzzentrum Wien der Medizinischen Universität Wien vorliegt, ist die wichtigste Voraussetzung beim Einsatz neuer Medikamente im Kindesalter.
Univ. Prof.in Dr.in Ina Michel-Behnke
Leiterin der Klinischen Abteilung für Pädiatrische Kardiologie